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So ist also dieses Buch eigentlich nur ein Album«, schreibt Ludwig Wittgenstein 1945 im Vorwort der Philosophischen Untersuchungen, um seine Leserschaft auf ein Buchkonzept einzustimmen, in dem die Gedanken keine lückenlose Folge bilden, sondern sich in »kurze[n] Absätze[n]«, »längeren Ketten«, »in raschem Wechsel von einem Gebiet zum andern überspringend«, »kreuz und quer, nach allen Richtungen hin« bewegen. Statt des ›richtigen‹, linear und kohärent argumentierenden Buches, das Wittgenstein ursprünglich anvisiert hatte, versammelt sein Album die Resultate des langen und verwickelten Schaffensprozesses topologisch »gleichsam [als] eine Menge von Landschaftskizzen« und »berührt« einzelne Punkte in immer neuen »Bilder[n]« »stets von neuem von verschiedenen Richtungen her«. Das so entstandene Netzwerk von Wiederholungen und unzähligen Querverweisen lässt sich jedoch nicht länger als Buch, sondern ›nur‹ als Album mit familienähnlichen Verweisstrukturen und transtextuellen Abzweigungen bezeichnen – als eine Form, bei der das Problem der Organisation im Vordergrund steht. Diese von Wittgenstein verwendete Formel »eigentlich nur ein Album« und sein in der Wendung »hätte gerne ein gutes Buch hervorgebracht« deutlich gemachtes Gedankenspiel mit dem Buch wird von der Forschung unterschiedlich ausgelegt – mal als echte Unzufriedenheit mit dem Album als dem vermeintlich ›schlechteren Buch‹, mal als Bescheidenheitstopos und letztlich als Ausdruck einer methodischen Wende hin zu einer vielstimmigen und bildhaften Darstellung, für die nach und nach die Begriffe Konglomerat, Sammlung, Zusammenstellung von Zeichnungen, Menge von Ansichten verworfen wurden, bis schließlich mit »Album « die bestmögliche Bezeichnung für diese Organisationsform gefunden war.

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