Geschichte Der Venezianischen Malerei Band 4

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Tizians Rang als führender Repräsentant der venezianischen Malerei ist bis heute unbestritten. Für jene, die der Farbe gegenüber der von der klassischen Kunsttheorie geprägten Zeichnung (dem ‚disegno‘) den Vorrang einräumen, verkörpert dessen Werk sogar den Höhepunkt der gesamten europäischen Malerei. Wie J. Neumann zu Recht bemerkt, ist in Tizians „koloristischer Disposition die Zukunft der europäischen Malerei enthalten“.1 Seinen Niederschlag findet dies zunächst auf venezianischem Boden, bei Künstlern wie Tintoretto und Veronese. Im 17. Jahrhundert erreicht die tizianeske Koloritrezeption mit Künstlern wie Velázquez, Rubens und Van Dyck überregionale Dimensionen, und im 18. Jahrhundert ist es vor allem Watteau, der sich Tizians Farbgebung zum Vorbild nimmt. Im 19. Jahrhundert folgen u. a. Goya, Delacroix, Manet und Renoir, die dem großen Venezianer ihre Reverenz erweisen.2 Bei Delacroix lässt die Epochen übergreifende Hommage an Tizian fast schon obsessive, an die Grenzen des Mythos stoßende Züge erkennen. Offenbar unter dem Eindruck der vor allem das Spätwerk des Farbenmagiers kennzeichnenden Ausdrucksqualitäten vermerkt Delacroix in seinem Tagebuch: „Wenn man hundertzwanzig Jahre alt würde, würde man nur noch Tizian betrachten.“

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